Projekt gescheitert

Wir haben Platz. Mitten in Eimsbüttel, der kleine verwunschene Garten hiter dem Haus, vor dem Haus rutscht Little T nachmittags die rote Rutsche runter. Im Garten wachsen Beeren und Äpfel. Ich tausche unsere Wohnung nicht gegen einen größeren Garten, nicht gegen ein Haus, nicht gegen mehr Platz. Ich werde erfinderisch, plane, räume, überlege.

Anfang Januar sind wir mit dem Schlafzimmer in die ehemalige Abstellkammer der Küche gezogen. 1,40 Bett breit, ein kleines Regal, sehr viel Gemütlichkeit. Dachten wir. Und da waren sie auf einmal: Vier Zimmer für vier Parteien. Passt doch.

Unser Projekt ist rigoros gescheitert. Nach Tagen des Räumens, Möbel auseinander und wieder zusammen bauens, streichen, putzen, fluchen. Dieser kleine Raum zum Garten hin, sah für einen Moment fast perfekt aus. Gut, das Regal stand erschreckend schief. Aber sonst?

Wir zogen ein. Wir? Eigentlich nur Little T und ich. Denn nach den ersten Nächten war klar, drei Personen auf 1,40 sind nicht so bequem wie gedacht. Wir mussten das Stillkissen zwischen ihn und die Wand legen, weil sie erschreckend kalt war. Für Paul blieb kaum Platz, Little T wacht nachts ständig auf, weint, wühlt, ist nass. Eh keine gute Basis um gemeinsam zu schlafen.

Auf Bildern sieht es gemütlich aus. Vielleicht fehlt noch das letzte I-Tüpfelchen. Ein anderes Regal? Ein Bild?

Aber was wirklich fehlt ist das fünfte Zimmer. Und wir wissen das. Auf einmal haben wir keinen Durchgang zum Garten mehr. Wir können ja nicht immer über das Bett steigen. Wir kommen über Idas Zimmer in den Garten. Durch das Fenster auf die kleine Terrasse, von da die schmale Treppe runter. Wir könnten das. Der Hund nicht. Wenn ich mit Little T in den Garten möchte, bleiben mir zwei Möglichkeiten: Ich hebe ihn zuerst raus, dann kann er alleine zur Treppe laufen und bis in den Keller stürzen. Oder ich geh zuerst raus, was zur Folge hat, dass Little T nicht an der Fensterbank wartet, sondern die Zeit nutzt sich anderweitig in der Wohnung zu amüsieren.

Das fünfte Zimmer fehlt, weil es in unserem provisorischen Schlafzimmer eiskalt ist. Die Katzenklappe schließt nicht, es zieht eiskalt um unsere Füße. Selbst wenn sie schließen würde, die Katze geht pro Nacht gefühlt dreissig mal rein und raus. Ich versuche sie nachts auszusperren, sie läuft tausend mal gegen die verschlossene Katzenklappe. Ich wache jedes mal davon auf.

Die Bettdecke fühlt sich Abends an als wäre sie nass. Mehrmals prüfe ich, ob die Katze eventuell raufgepinkelt hat. Aber sie ist einfach nur klamm. Überall sind Sandkrümel im Bett, die Katze tapst den ganzen Tag mit ihren Sandpfoten darüber. Ich kriege die klammen Decken kaum aufgewärmt mit meinem Körper. Little T noch weniger. Es zieht die ganze Nacht unter dem Bett durch.

In der dritten Nacht bringt die Katze eine tote Maus mit.

In der Woche drauf dringt eine Fremdkatze durch die Katzenklappe. Ich schrecke auf wie in einem Horrofilm. Wer weiß, wie es ist, wenn Katzen kämpfen, der kennt dieses Schreien. Ich sitze aufrecht im Bett, die Katzen fallen übereinander her. Sie schreien, kratzen, beißen. Little T weint schrill. Ich habe keine Ahnung wie ich die Fremdkatze rausbekommen soll. Ich bin schweißgebadet, die Bettdecke ist natürlich wieder kalt und klamm.

Die Aussenwand ist so kalt, dass keiner in der Nähe der Wand liegen mag. Little T und ich drängen uns in die Mitte des bettes. Abends denke ich nie: oh wie schön, jetzt aber ab ins gemütliche Bett.

Nach Wochen gebe ich auf. Das Projekt ist gescheitert. Wir ziehen wieder aus. Fünftes Zimmer? Fehlt uns weiterhin. Wir ziehen in das Zimmer von Little T. Muss erst mal gehen. Ein Schlafzimmer haben wir jetzt offiziell nicht mehr.

Bis vor zwei Wochen hat mich das genervt. Keine Lösung zu finden. Dabei will ich doch so gerne bleiben. Aber ich kann keine vorpubertierenden Kinder in ein Zimmer stecken. Wenn Idas Freundinnen mit Pferden durch die Gegend springen und Emils parallel gegen den Boxsack treten wollen. Aber ich kann auch keinen Vorpubertierenden mit einem Einjährigen zusammen setzen. Alle Zimmer haben je nur ein Fenster. Zimmer teilen wird also schwierig.

Was bleibt?

Dankbarkeit. Denn die Welt muss sich nur einmal nicht so sanft und stetig weiter drehen ,wie wir es gewohnt sind und schon veschieben sich die Prioritäten. Was ist ein Zimmer zu wenig, wenn andere fliehen müssen? Wie dankbar wir sind, zusammen zu sein, in unseren eigenen Betten zu schlafen. Und hätten wir es wirklich, das fünfte Zimmer, dann wäre sicherlich jetzt der Zeitpunkt wo wir es freiweillig geräumt hätten, um jemanden aufzunehmen, der es dringender braucht als wir.

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