Ich muss an den ersten Satz denken, den Emil gesagt hat, als wir nach Manhattan kamen. „Wow, große Häuser, wie in Hamburg-„
Er war vier. Die Häuser waren groß. Andere Häuser sind es auch. Und kleine Hügel sind groß, die Alpen sind es auch. Wälder sind tief und voller Abenteuer – hier und überall auf der Welt. Wenn unser Projekt „Amy“ abgeschlossen ist, dann wird sie uns überall hinfahren. Und eben doch nicht. Sie wird Grenzen überqueren und uns ein kleines Zuhause sein. Und sie wird Spuren hinterlassen in den Köpfen unserer Kinder. Aber sie wird nicht um die Welt fahren, wir werden nicht Weihnachten in ihr feiern oder eines Tages stolz winkend in China ankommen.
All unsere Träume schrauben sich gewaltig in die Höhe. Vielleicht ein bißchen gedämpft durch Corona, aber sie geistern weiter durch die Medien: die Reise wird das Ziel. Und alle Ländern wirken voll und abgegrast, alle suchen nach dem Besonderen. Es braucht ein bißchen Zeit um sich bewusst zu machen, was überhaupt möglich ist mit zwei schulpflichtigen Kindern. Aber vor allem: was wollen wir denn?

Wer eine einmal eine Zeitleiste seines Lebens zeichnet, und davon ausgeht so um die 80 Jahre alt zu werden, der wird merken, dass die Zeit mit den Kindern auf dieser Leiste erschreckend klein erscheint. Zeit, die uns gehört für eine gewisse Zeit. Und die wir nutzen können und sollten. Wir können einen Grundstein legen für das spätere Leben. Wir können ihn einen kleinen Teil der Welt zeigen, aber vor allem zeigen wir ihnen, wie wichtig sie uns sind und die Zeit mit ihnen. Unabhängig von unserem Alltag, wird die Amy ein Schneckenhaus für unsere Familie, ein 7 qm Raum auf dem wir reden, essen, lachen, schlafen. Der uns befreit von Alltäglichem, ein Raum ohne Medien und Verpflichtungen. Vielleicht sitzen wir nicht jede Nacht am feuer und erzählen uns Geschichten, vielleicht lesen wir nicht jeden morgen im Bett vor mit Blick auf einen stillen See oder sammeln Weinbergschnecken um ihnen bei ihrem langsamen Gang zuzusehen. Vielleicht streiten wir, gehen uns auf die Nerven, stolpern und kleckern und fluchen. Aber wir wissen, es wird genug Momente geben in denen wir dann doch am Feuer sitzen und uns Geschichten erzählen. Nächte mit Gewitter aneinandergekuschelt zusammen sitzen und mit etwas Glück am Abend die delphine vor der Küste Istriens sehen. Wir wissen, dass es mehr dieser Nächte und Tage sein werden, als wenn wir Zuhause bleiben.
Eine Reise beginnt nie mit dem Eintreffen in einem anderen Land – sie beginnt vor der Tür. Und es spielt keine Rolle wie weit sie einen führt. Sondern was man daraus macht. Unsere Idee vom Bus, unsere Erfahrungen von der intensiven Zeit zusammen, sind unser eigener Traum. Aber im Grunde sind es nur unsere kleinen Schritte in die Welt, die wichtig sind. Und es spielt keine Rolle ob wir zelten oder in Ferienhäusern schlafen. Ob wir nur den ganzen Tag durch den Wald streifen oder für Monate an der Mitteömeerküste entlang fahren – wichtig ist nur, dass wir bereit sind unsere Komfortzonen zu verlassen, unsere sicheren Gärten, die Parks um die Ecke. Einfach rauszufahren, auf feuchter Erde zu sitzen und Kaffee zu trinken, in denen im Herbst herunterrieselnde Blätter landen. Denn da draußen ist es nass und feucht, manchmal kalt und unbequem – aber es ist immer noch viel, viel mehr als das.