Kennt ihr das, wenn man sich wahnsinnig freut, weil man spürt, daß andere sich freuen? Beim Schenken ist das zum Beispiel so. Ich liebe es Geschenke zu machen. Es gibt ja Menschen, die mögen das nicht, aber ich liebe es. Geschenke besorgen macht mich rasend glücklich – aber nur, wenn sie extrem gut sind. Und ich freue mich immer bis zum heulen, wenn die Kinder sich freuen. Weniger über Materielles, eher über etwas Symbolisches, Emotionales.
Und deshalb schwimme ich in Schwarzau bei Würzburg in einem kleinen Pool auf einem unspektakulären Campingplatz, aber immerhin mit Blick auf den Main und (Achtung!) Stromanschluß. Ich habe vor dem Schwimmen meinen ersten im Bus fabrizierten Kaffee getrunken. Ich schwelge im Luxus.
Ich schwimme und es ist heiß. Ich sehe immer wieder auf die Uhr. Die Kinder schwimmen um mich herum. Emil schwimmt, taucht, schwimmt, springt ins Wasser. Er ist so sagenhaft gut geworden im Schwimmen. Für selbst beigebracht staune ich immer sehr. Er ist richtig schnell und mutig. Er springt mit dem Kopf zuerst vom Startblock, zieht seine Bahnen im 50 Meter Becken und läßt keine Rutsche aus. Aber hier in dem kleinen Becken in Schwarzau kann man nur ein wenig tauchen, ein wenig schwimmen, und Ida rettet Tiere in Not. Mit ihrem kleinen Schwimmring dümpelt sich im Becken herum, den roten Eimer immer parat und rettet kleine Fliegen, Wespen, Käfer aus dem Wasser. Dann schüttet sie das Wasser ganz vorsichtig am Rand aus, bis die Insekten matschig und ziemlich tot dort liegen. Im Gegensatz zu mir ist sie überhaupt nicht überrascht das diese wirklich tot aussehenden Wessen nach mehreren Minuten in der Sonne wieder anfangen sich zu bewegen und dann sogar auf und davon fliegen.
Ich sehe noch mal auf die Uhr. Halb fünf. Oh man, das fühlt sich an wie Weihnachten. Die Kinder schwimmen immer noch um mich herum. Hinter dem Schwimmbad ein paar Tische des angrenzenden Restaurants, daneben eine Holztreppe die zur Rezeption hinauf führt. Und dann das erste erfreute Kreischen. „Oma!!“ Emil kann gar nicht so schnell zum Beckenrand schwimmen wie er möchte. Er krault, schwimmt, taucht prustend auf, zieht sich hoch und stürmt auf Oma zu. Der nasse Emil klebt an der trockenen Oma. Braungebrannt ist die mit Opa gerade auf dem Heimweg von Kroatien. Drei Wochen waren sie unterwegs. Da mußte man sich einfach irgendwo auf der Strecke treffen. Die Kinder hätten es so lange ohne Oma und Opa kaum ausgehalten, Oma und Opa sowieso nicht.
Wir bleiben zwei Nächte in Würzburg. Die Kinder kriegen nicht genug von Oma und Opa. Sie haben so viel liebe zu verteilen. Auf einmal ist alles leicht, denke ich, ich bin nicht mehr allein verantwortlich. Das stimmt aber nicht so ganz, denn ich merke, der Zeitfaktor spielt eine ebenso große Rolle. Je länger wir irgendwo sind, desto besser finden die Kinder sich allein zu Recht.
(Weitsprung á la Ida: Anlauf nehmen, abbremsen, abspringen)
Oma hat Emil einen neonfarbenen Ball aus Kroatien mitgebracht. So einen haben wir im letzten Jahr für ihn in Griechenland gekauft. Er hat ihn innig geliebt, bis Pius ihn dieses Frühjahr in Omas und Opas Garten zerbissen hat. Es gab viele Tränen. Und jetzt hatte Oma eben diesen Ball in Kroatien entdeckt. Emils Freude ging ins unermeßliche. Als ich Abends noch einmal aufs Hochbett entdeckte ich ihn schlafend, mit dem Ball im Arm.
Wir fuhren am nächsten Tag nach Kitzingen. Es war heiß und windig. Außer Eis essen gab es kaum etwas zu entdecken. Als wir zurück kamen kurze Stille. Wo war noch mal der Neonball? Hinter dem Bus? Im Bus? Ach nein, in Idas Schwimmring, der vor dem Bus gelegen hatte. Wo war der denn? Ich sah den Schwimmring aus den Augenwinkeln gerade noch ein Stück den Weg entlang fliegen und rannte hinterher. Aber der Ball?
Der Main lag nur ein paar Meter entfernt. Der Wind wehte heiß und kräftig. Das kurze Leben eines neuen Neonballes. Emil war bitterlich enttäuscht. Er hatte nicht aufgepaßt. Gab sich selbst die Schuld und war ziemlich traurig. So ein kurzes Glück. Ich lief noch ein bißchen am Ufer entlang, aber die Strömung war stark. Armer Emil.
Ich machte mich auf den Weg zurück zum Pool. „Suchen sie etwas?“ erkundigte sich eine Frau die gerade aus ihrem Zelt sah. „Einen Ball,“ sagte ich. „Den habe ich!“ freute sie sich. „Er kam hier so vorbei geweht und ich dachte, bevor er im Main landet greife ich doch einfach mal beherzt zu!“.
Ja, dafür hat man Mütter erfunden. Sie finden manchmal Dinge wieder, die man längst für immer verloren geglaubt hatte.