Wir waren Anfang März auf Rügen. Nicht gerade die beliebteste Reisezeit für eine Ostsee Insel. Das hat seine Vor- und Nachteile. Da wir es gerne einsam mögen, im Wald und am Strand nicht über andere Leute stolpern wollen und Touristentrubel meiden ist der März für uns ein sehr guter Monat. was die Preise der Unterkünfte betrifft im übrigen auch. Leider ist es aber auch sehr kalt. Die ersten tage kämpfen mir gefrorenen Schneekristallen, die der eisige Wind in unsere Gesichter weht. Nachts sind es noch unter Null Grad. Die ersten Frühlingsboten zeigen sich erst als wir abreisen.
Aber das raue Meer, die einsamen Strände, die dunklen noch kahlen Wälder haben auch etwas für sich. Nur architektonisch lässt der graue Himmel vieles ein bisschen trist erscheinen. Wenn man sich nicht gerade in den Seebädern Bin oder Selig aufhält oder in den Fischerdörfern, dann trifft man doch häufig auf graue Einfamilienhäuser, denen die März Tristesse leider keinen fröhlichen Schein entlocken kann.
Leider haben auch einige Museen zu. Es gibt aber trotzdem viel zu entdecken, neben der wunderschönen Natur, die wir täglich mit dem Hund durchstreifen.
Kreidemuseum
In der Nähe unseres Hotels ist ein kleinerer Kreidefelsen zum Landesinneren gelegen. Emil und ich steigen morgens gerne mit dem Hund rauf. Überall entdecken wir Tierspuren. Von oben hat man eine gute Sicht bis zum Meer. Am Fuße des Berges liegt das Kreidemuseum. Wir konnten es leider nicht besuchen, weil wir zu den Öffnungszeiten immer unterwegs waren. Ob es empfehlenswert ist, können wir somit nicht sagen, aber ich denke, für Interessierte ist es bestimmt einen Besuch Wert. Ausserdem kann man wunderschön spazieren gehen.
Kreidefelsen
Wir alle kennen sie von dem berühmten Caspar David Friedrich Gemälde – die Kreidefelsen auf Rügen. Ihre weißen glatten Kanten erstrahlen wunderschön in der Sonne.
Und – der Weg ist das Ziel. Zu den Kreidefelsen gibt es unterschiedliche Strecken, lange, kurze, Fahrrad Strecken und Barrierefreie, was insbesondere für Familien mit Kinderwagen von Vorteil ist. Die Parkplätze sind alle Gebührenpflichtig, allerdings geht es von dort aus auch auf direktem Wege in den Wald und die einzelnen Strecken sind ausgeschildert mit unterschiedlichen Farbsymbolen. So können auch die Kinder ähnlich einer Schnitzeljagd nach dem passenden Weg suchen.
Wir haben uns für eine Strecke von 3km entschieden. Für Emil, der ja immer nur rennt, rennt, rennt kein Problem. Ida haben wir zwischendurch im Bollerwagen gezogen. Die Steigungen sind absolut machbar. Ausserdem konnten wir unterwegs noch zusehen wie Bäume gefällt wurden.
An kleinen Infotafeln erfährt man mehr über den Wald und seine Bewohner. Und neben wunderschön gelegenen Seen führt der Weg auch an einem Schwarzerlen umrandeten Tümpel vorbei. Ein kleiner Steg führt über das brackige schwarze Wasser. Unser Hund ist natürlich sofort reingefallen. Wir können nur von Glück sagen, dass er auch schwarz ist.
Oben angekommen wurde unsere Freude ein wenig getrübt, als wir erfahren haben, dass man den Königsstuhl noch besichtigen kann wenn man 8,- Euro Einritt zahlt. Hatten wir gar nicht dabei und auch eigentlich keine Lust. Uns wurde mitgeteilt, dass man neben dem Ausblick natürlich noch mehr geboten bekäme. Auch auf Kinder abgestimmt. Aber Ida war gerade im Bollerwagen eingeschlafen und uns war mehr nach wandern als Museum. Emil war schwer enttäuscht. Wir haben dann aber eine Treppe gefunden, die uns noch ein Stück den Felsen hinauf gebracht hat und wir hatten einen tollen Blick. Also eigentlich genau das was wir wollten. Zurück gefahren sind wir mit dem Shuttle Bus. Der hält dann direkt am Parkplatz wieder an. Für erschöpfte Kinder (und Eltern und Hunde) also immer eine gute Option.
Das KDF Seebad Prora
Prora hat uns schon bei unserem ersten Besuch 2011 schwer beeindruckt. Die Anlage zog sich ursprünglich über 4km am Strand entlang und sollte bis zu 20 000 Urlauber aufnehmen können. 1939 wurde der Bau eingestellt, nach dem krieg wurde das Gebäude zu einer NVA Kaserne ausgebaut. Heute ist die Anlage immer noch 2,5 km lang, einige der Gebäude nur noch Ruinen, manche in ihrer Ursprünglichkeit erhalten und neuerdings einige zu Wohnhäusern umgebaut. Das grau dieser Massenunterkunft und seine Geschichte bedrücken und beeindrucken zugleich.
Wir brechen die Geschichte auf ein Minimum herunter, so dass auch Emil etwas damit anfangen kann. Er sucht sich seinen eigenen Zugang und seine eigenen Erklärungen, stellt Fragen und läuft ausdauernd zwischen den vielen, gleich aussehenden Gebäudekomplexen hin und her. In einem Zaun finden wir ein Loch und schleichen ein wenig um die Ruinen herum. Emil ist aber zu ängstlich für verbotene Dinge und wir sagen hiermit natürlich explizit, dass man das nicht darf.
Wir überlegen ob wir mit Emil das integrierte Museum besuchen, waren aber selber noch nicht da und nicht sicher, ob wir ihn mit so vielen historischen Fakten einer Zeit, die wirklich schwer zu erklären ist, jetzt schon konfrontieren sollen und entscheiden uns dagegen.
Prora ist aber immer einen Besuch Wert. Für Kinder und Erwachsene gleichfalls. Man muss sich nur seinen eigenen Zugang suchen. Und wenn einen die Masse der Gebäude zu erschlagen scheint ist man immer nur ein paar Schritte vom Strand entfernt.
Fischerdorf Vitt
Vom Parkplatz aus bis Vitt sind es nur 2 km. Leider führt die Strecke an der Straße entlang. Und es war unser letzter Ausflug nach vielen Tagen bei der Kälte draussen. Die Kinder waren erschöpft und hatten nicht mehr so viel Lust. Wenn es dann außer Feldern und einer Straße nicht so Recht etwas zu entdecken gibt kann ich diese Lustlosigkeit durchaus verstehen.
Von weitem sah man aber schon die Kappelle von Vitt. Und da wir grundsätzlich eine Begeisterung für alte Gebäude und Kirchen verbreiten haben die Kinder das längst übernommen. Emil rief schon von weitem: Eine alte Kirche! Wie eine Ritterkirche! Oder von Wikingern!
Die achteckige Kirche ist sehr schlicht gehalten. Was die Kinder aber sehr beeindruckt hat ist das Wandgemälde „Menschen im Sturm“ des Künstlers Gabriele Mucchi. Die realistische Darstellung von Menschen unterschiedlichen Alters im Anblick eines aufziehenden Sturmes hat sie zu unterschiedlichen Interpretationen angeregt. Und – obwohl wir unsere Kinder nicht religiös erziehen – ist es ihnen immer wichtig Kerzen anzuzünden. Das haben wir natürlich auch diesmal gemacht.
Von der Kapelle sind es nur noch ein paar Hundert Meter bis zum Meer. Der Weg schlängelt sich zwischen idyllischen Reetdachkaten bis zum Ufer. Von hier aus lässt es sich gut bis zum Kap Argon blicken, Steine sammeln und die Kinder nutzen die Zeit unserem Hund endlich die Liebe zum Wasser nahezubringen. Erst als sie es geschafft haben merken wir, dass wir uns damit ins eigene Fleisch geschnitten haben. Kein Bach, kein Weiher, kein Tümpel ist mehr vor ihm sicher. Aber die Kinder kreischen vor Vergnügen.
Rasender Roland
Diese dampfbetriebene Schmalspurbahn fährt seit 1895 über die Insel und versetzt einen zurück in eine längst vergessene Zeit. Lange vor den Schrecken des Krieges und dem Bau von Prora hat sie schon ihren Dampf hier ausgestossen und tut das immer noch zuverlässig. Die Fahrtstrecken sind kurz, gerade mal fünf bis sechs Minuten zwischen den Haltestellen – also eine gute Zeit um auch mit Kindern zu fahren. Unsere Zeit hat dafür diesmal nicht gerecht, aber man kann den Streckenverlauf gut dem Prospekt entnehmen und die Bahn dann irgendwo abpassen. Am schönsten natürlich im Wald. Wir haben das auf dem Weg zum Jagdschloss Granitz gemacht und die Kinder konnten vor Aufregung nicht still stehen, als sie die herannahende Bahn schon hören konnten.
Ostseebad Sellin
Wir waren dieses Mal nicht in Sellin, wollen euch aber die Bilder unseres letzten Besuchs nicht vorenthalten, weil sich ein Besuch in dieser weißen Stadt auf jeden Fall lohnt. Wer nach allen Wald-, Natur-, Wander- und Strandausflügen das Bedürfnis nach einer heißen Schokolade hat, der kommt in Sellin in den Genuss wunderschöner Cafés oder gönnt sich den Kaffee direkt im Café auf der Seebrücke.
Mutige und geduldige Kinder und ihre Eltern können hier übrigens mit einer Glaskugel unter die Meeresoberfläche blicken. Die Kugel senkt sich bis auf den Grund der Ostsee hinab und eröffnet einem den Blick auf eine ganz neue Welt. Wir haben uns nicht getraut, weil die Fahrt mit 40 Minuten angegeben wird und wir irgendwie die Befürchtung hatten das zumindest eines der Kinder keine Lust verspürt 40 Minuten unter Wasser zu sein.
Mehr Bilder
Kreidefelsen
Prora
Ostseebad Sellin und Rasender Roland
Fischerdorf Vitt am Kap Arkona
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