Wir sind ja noch gar nicht wirklich lange unterwegs. Der erste Monat, und ein paar Tage im Dezember. Es ist kalt, so richtig verlockt es manchmal nicht zu packen und los zu fahren. Ida macht jetzt Ballett, Emil geht zum Leichtathletik. Beide haben viele Freunde. Soll ich sie wirklich immer aus ihrem Alltag heraus reißen?
Die beiden merken das gar nicht. Sie leben immer nur im hier und jetzt. Sie wissen, heute ist Leichtathletik. Sie merken nicht, dass nächste Woche auch Leichtathletik ist, sie aber nicht da sind. Sie machen das, was gerade da ist. Sie genießen das, was gerade um sie herum passiert. Nicht das, was morgen kommt. Das zählt einzig und allein bei der Vorfreude auf Weihnachten und Geburtstage. Der Rest von Zukunft spielt keine bedeutende Rolle.
Ich hab aber, neben vielen anderen, manchmal sehr praktischen Dingen, bereits eines wirklich gelernt auf der Reise – und auch auf allen Reisen davor: Ich kann viel besser zuhören!
Vielleicht, weil viel mehr Zeit zum denken bleibt. Die schönsten, klügsten, berührendsten Dinge sagen Emil und Ida dann, wenn man wirklich zeit hat ihnen zuzuhören.
Wenn ich sie aus dem Kindergarten abhole, dann höre ich auch aufmerksam zu, wenn sie mit Begeisterung vom Tanzpädagogen sprechen, vom Mittagesssen, davon, wer mit wem gespielt hat. Dann reden sie vor Aufregung durcheinander, überschlagen sich in ihren eigenen Geschichten.
Und Abends im Bett stellen sie Fragen. Wollen wissen, wie es ist wenn man tot ist. Ob Einbrecher durch unseren Garten kommen könnten, ob Pius mit anderen Hunden sprechen kann.
Aber auf Reisen passiert noch etwas anderes, neben der zunehmenden Körperlichkeit. Egal wo ich stehe, sitze, koche, schreibe, jemand berührt mich. Viel sanfter als Zuhause. Immer so voller Liebe. Und sie sagen so wunderbare Dinge. Vielleicht, weil sie so oft nichts sagen. Der Tag ist so lang, man braucht gar nicht überzusprudeln vor Geschichten. Ich kann 12 oder 13 oder 14 Stunden zuhören. Man braucht sich nicht zu beeilen. Man sagt erst dann etwas, wenn es einem wichtig erscheint.
Ich bin auch eine andere Zuhörerin. Ich höre gerne zu. Ich habe keine Ablenkung. Ich muss nicht ständig irgendetwas noch erledigen. Ich sitze oft einfach nur da und sehe ihnen zu. Mit einem Tee in der Hand, die Kälte im Gesicht. Ich warte auf Nichts und bin einfach nur da.
In Dänemark haben wir eine Geschichte erfunden. Eine ganze, schöne Geschichte über den Eisvogel Fappsy. Ich werde sie aufschreiben, jetzt, wo ich gemerkt habe, wie oft die Kinder davon sprechen. Fappsy, als sei er eine Kinderbuchfigur, etwas greifbares, etwas, dass sie schon mal gesehen haben. Als sei Fappsy eine Figur., die auch die anderen Kinder kennen müssten, so wie den Grüffelo oder Latte Igel.
Zeit zusammen verändert die Kommunikation untereinander. Und macht Platz für neue Ideen. So ohne Internet und Fernseher. So ein Tag voller ungefüllter Stunden.
Manchmal vergesse ich aufzuschreiben, was Ida und Emil so sagen und mich so rührt. Ich sollte mir angewöhnen, immer ein Notizbuch dabei zu haben. Damit keine von all diesen philosophischen, berührenden Theorien aus meinem Kopf verschwinden kann. Denn dafür sind sie viel zu wertvoll.
Das ist so schön! Im Kindergarten schreibe ich auch immer fleißig, sehr konsequent fast alles. Es ist so eine Freude! Und wir hören manchmal auch die Geschichten, in den die drin vorkommen, die ihnen sonst zu hören. Die Familien freuen sich immer so sehr, wenn sie eines Tages diesen Schatz aus Worten in ihren Händen halten!
Und ich? Ich erfeue mich an den Worten immer wieder aufs neue. Sie sind so lustig, philosophisch aber auch so klug!
Lieben Gruß Nadine
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